ASV mutig, aber ohne Durchschlagskraft gegen Schlotwiesen-Hünen
Schon beim Einlaufen der Mannschaften wurde deutlich, wie groß die Aufgabe war, die die ASV-Kicker am Samstag beim Match gegen den Tabellennachbarn TV Zuffenhausen vor der Brust hatten. Mehr als die Hälfte des Kaders des Gastgebers wies Gardemaß auf und überragte die Kontrahenten um mehr als Haupteslänge. Allzu viele Kopfballtore durften die ASV-Anhänger von ihrem Team nicht erwarten.
In der Anfangsphase war den Gästen der Respekt vor den körperlich überlegenen Gegnern durchaus anzumerken. Sie hielten vor allem im Mittelfeld häufig einen Sicherheitsabstand und gingen verhalten in die Zweikämpfe. Vom gewohnt lauffreudigen und agilen Dijon abgesehen stand die Offensivabteilung des ASV sinnbildlich im Schatten ihrer Gegenspieler (Betonung auf „stand“), so dass im – durchaus ansehnlichen – Spielaufbau zu wenige Anspielstationen in der vorderen Linie zu finden waren. Die Defensivreihe um Luan und Tim arbeitete hingegen gewohnt solide, so dass sich das Spielgeschehen weitgehend zwischen den Strafräumen abspielte.
Die erste Großchance verbuchte dann aber doch der ASV nach knapp einer Viertelstunde: Dijon nahm ein kluges Zuspiel von Emanuel gut mit und setzte sich im Laufduell gegen zwei Gegner durch, brachte die Kugel aber unter Gegnerdruck von der Strafraumkante nicht am herausstürzenden Torspieler vorbei. Der Abpraller landete bei Ardil, dem aber in der Situation die Ruhe und Kaltschnäuzigkeit fehlte, um den Ball aus etwa 20 Metern im leeren Tor unterzubringen, er verzog etwas überhastet. Praktisch im Gegenzug erzielten die Gastgeber durch einen platzierten Distanzschuss aus gut 20 Metern die Führung. In der Folge ein ähnliches Bild: Der ASV kombinierte gefällig aus der Abwehr, kam aber über die zweite Linie meist nicht hinaus und brachte seine Stürmer kaum ins Spiel. Der TV kam häufig mit Wucht über das Zentrum, Luan und Tim räumten aber im Strafraum alles souverän ab. Nils, der wieder eine grundsolide Partie auf der linken Außenverteidigerposition ablieferte und mehrmals auch gute Akzente im Aufbauspiel setzte, erklärte seine Seite zum Sperrgebiet für die gegnerischen Flügelspieler. So versuchten es die Schlotwiesen-Kicker wiederholt aus der Distanz und waren damit gut 5 Minuten vor dem Wechsel erneut erfolgreich. Ein abgewehrter Ball landete beim Spielgestalter der Gastgeber, der fackelte nicht lange und drosch das Kunstleder sehenswert aus knapp 25 Metern oben rechts in die Maschen, auch hier war Kevin ohne jede Abwehrchance. Die Halbzeitführung für die Heimmannschaft ging in Ordnung, sie hatten in einer chancenarmen Partie insgesamt mehr vom Spiel und waren aus der zweiten Reihe stets gefährlich.
Nach dem Wechsel stand zunächst Leon im Mittelpunkt, einen direkt getretenen Freistoß parierte er glänzend. Das war dann aber auch schon die letzte gefährliche Aktion vor dem Botnanger Kasten. Die taktische Umstellung, Luan ins zentrale Mittelfeld zu beordern, zeigte unmittelbar Wirkung. Der ASV war fortan spielbestimmend, gewann die Mehrzahl der Zweikämpfe und verlagerte das Spielgeschehen weitgehend in die gegnerische Hälfte. Hinten brannte gar nichts mehr an, allerdings taten sich die Botnanger weiterhin schwer, ihre Offensivkräfte in der gefährlichen Zone einzusetzen. Dijon wurde konsequent gedoppelt, nachdem seit seiner Großchance aus der Anfangsphase permanent eine Spezialbewachung auf ihn abgestellt wurde. Dieser Schatten ließ sich auch durch mehrmalige Flügelwechsel nicht abschütteln. Torgefahr resultierte daher aus Luis‘ Standards. Nach einem Eckball von rechts war Luan tatsächlich per Kopf zur Stelle, sein Kopfball wurde aber entschärft. Ein Freistoß von der anderen Seite zirkelte Luis aus spitzem Winkel aufs lange Eck, die Kugel tropfte aber nur auf den Querbalken. Zuffenhausen stand tief und verlegte sich mehr und mehr auf die Verteidigung des Vorsprungs, brachte kaum noch einen Ball in die Botnanger Hälfte. Die ASV-Kicker dominierten, versuchten es aber mit schwindenden Kräften zunehmend durchs Zentrum und vernachlässigten das Flügelspiel. So fanden sie kaum Räume durch die vielbeinige Abwehrkette der Gastgeber. Mit dem Schlusspfiff wurden sie allerdings für Ihren Aufwand und ihren Mut doch noch mit dem Anschlusstreffer belohnt. Wieder war ein Standard von Luis der Ausgangspunkt: Eckball von rechts, Tim läuft perfekt ein und bringt das Leder mit dem Schienbein aufs Tor. Auf (oder hinter?) der Linie bringt ein Abwehrspieler noch den Fuß dazwischen und spitzelt das Spielgerät zu Rami, der es auf der Torlinie stehend mit der Hacke vollends ins Netz bugsiert.
Angesichts der ungleichen physischen Voraussetzungen haben die Jungs einen sehr ordentlichen und vor allem im zweiten Durchgang auch mutigen Auftritt abgeliefert. Körperliche Unterlegenheit konnten sie durch Einsatz und fußballerische Qualität größtenteils kompensieren und gestatteten den im Saisonverlauf durchaus offensivstarken Gastgebern keinen Abschluss innerhalb des Strafraums. Über die gesamte Distanz gesehen hätten sie sich einen Punkt verdient, am Ende fehlte dazu die Durchschlagskraft vor dem Tor und in einigen Situationen einfach das Quäntchen Glück. Über den Saisonverlauf betrachtet hat sich das Team kontinuierlich gesteigert, wirkt als Mannschaft sehr strukturiert und gefestigt und ist – vom indiskutablen Auftaktmatch in Feuerbach abgesehen – vor allem defensiv bemerkenswert stabil, woran neben der sattelfesten Abwehr auch die beiden Torspieler Kevin und Leon maßgeblichen Anteil haben. Sie gehören ohne Zweifel zu den stärksten Vertretern ihres Fachs in der Staffel.
Während der TV Zuffenhausen an den beiden noch ausstehenden Spieltagen mit dem FC Stuttgart-Cannstatt im Fernduell um den Aufstiegsplatz ringen wird, wird es für die Botnanger in den zwei anstehenden Heimspielen darum gehen, den Aufwärtstrend der letzten Wochen zu bestätigen und insbesondere ihr Repertoire an spielerischen Lösungen im Offensivspiel zu erweitern. Wenn dabei Nick und vielleicht auch der langzeitverletzte Samuel wieder mitwirken können, würde das die Aufgabe natürlich erleichtern.
Für den ASV kickten:
Kevin (TS), Leon (TS), Adam, Tim, Luan, Nils, Emanuel, Luis, Dijon, Ardil, Antonio, Philipp
Tor: 1:2 Tim & Rami (70.+2)