Last-minute-Erfolg nach Orientierungsmarsch im Neckarpark
Frühlingsfest auf dem Wasen und württembergisches Derby in der MB-Arena: Um dem absehbaren Verkehrschaos rund um den Neckarpark aus dem Weg zu gehen, hielt es der ASV-Coach vor dem Auswärtsspiel beim PSV Stuttgart für eine gute Idee, die Anreise per ÖPNV anzutreten. Den Zielort erreichte man mit der Stadtbahn zwar noch leidlich pünktlich, der Fußweg zum PSV-Gelände gestaltete sich dann aber als Odyssee. Mit sieben Spielern und einem Vater im Schlepptau irrte der reig‘schmeckte Trainer und bekennende Rheinländer durch den von VfB-Fans überlaufenen Neckarpark, drehte mehrmals vor verschlossenen Durchgängen retour, wurde von zig Polizisten (wohlgemerkt: es ging um den Weg zum Polizeisportverein) in die Irre geführt, vertröstete zwischenzeitlich die nomadisierenden Kids sowie die bereits lange vor Ort wartenden Spieler und Eltern einschließlich des bereits anwesenden Schiris, umrundete das gesamte Areal, verkniff sich die Erfrischung bei einer Führung durch das Mercedes-Benz-Museum und gelangte schließlich Minuten vor Spielbeginn nach über einer Stunde Gewaltmarsch in sengender Sonne völlig entnervt und schweißgebadet am PSV-Stadion an, wo sich die entspannt per PKW angereisten Eltern die Wartezeit offenkundig mit erfrischenden Kaltgetränken verkürzt hatten. Luftlinie zur U-Bahnstation geschätzte 500 m, Laufstrecke gefühlte 10 km. 3 Minuten Umziehen, 3 Minuten Aufwärmen (für die mit dem Trainer angereisten Spieler war es eher ein Auslaufen) und Anpfiff. Eine gelungene Spielvorbereitung sieht anders aus.
Den besseren Start erwischten eindeutig die Gastgeber. Ballsicher kombinierten sie sich vom Anspiel weg durch die Botnanger Reihen und kamen schon mit dem ersten Angriff zu einer Großchance, die Kevin mit toller Parade vereiteln konnte. Schon der nächste Vorstoß war von Erfolg gekrönt, wenngleich der Führungstreffer aus stark abseitsverdächtiger Position erzielt wurde. Und die ASV-Kicker? Wirkten zu Beginn orientierungslos (wer mag es ihnen verdenken?) und unkonzentriert, leisteten sich zahlreiche Ballverluste im Spielaufbau und standen bei gegnerischem Ballbesitz häufig Spalier. Nach etwa 10 Minuten kamen sie besser in die Partie und in die Zweikämpfe, ließen den Ball laufen und gewannen ein spielerisches Übergewicht. Prompt zeigte sich, dass die Blauen in der Defensive alles andere als sattelfest waren. Nachdem die Botnanger einige gute Gelegenheiten (Ardil, Giacomo, Dijon) nicht nutzen konnten, war es schließlich einmal mehr Noé, der als Torschütze vom Dienst nach feinem Zuspiel von Giacomo in seiner typischen Art aus halblinker Position hart und flach ins lange Eck vollstreckte. Auch danach ging der ASV fahrlässig mit seinen Chancen um (Giacomo, Ardil, Rami) und versäumten es, die mittlerweile klare Überlegenheit in eine deutliche Führung umzumünzen. So ging es mit dem 1:1 in die Halbzeit.
Die zweite Hälfte begann wie die erste, der PSV dominant, der ASV eher verhalten. Vor allem der zentrale Mittelfeldspieler der Gastgeber bereitete den Botnangern Kopfzerbrechen. Ball– und passsicher und mit viel Übersicht gestaltete er das Spiel und konnte dabei kaum wirkungsvoll gestört werden. Sehenswert seine Vorarbeit zum erneuten Führungstreffer nach 36 Minuten, als er gefühlt minutenlang durch den ASV-Strafraum kurvte, ohne dass ein ASV-Spieler ihn im Zweikampf stellen konnte, dann schließlich blitzgescheit ablegte und der Mitspieler die Kugel unbedrängt aus kurzer Distanz versenkte. Der ASV also wieder hinten und wieder gefordert. Trotz der hochsommerlichen Temperaturen und den verletzungsbedingten Ausfällen von Pascal und Giacomo stemmte er sich mit großer Moral gegen die drohende Niederlage. Und wie schon in der ersten Halbzeit verzweifelten die Botnanger an ihrer Chancenverwertung: Giacomo vor seiner Verletzung einmal volley drüber, einmal aus spitzem Winkel knapp vorbei, Noé aus der Distanz knapp über den Querbalken, Ardil aus kurzer Distanz freistehend am Ball vorbei (wobei der Rasen den Ball kurz vorher wohl noch aufspringen ließ). Nachdem es aus dem Spiel heraus nicht klappen wollte, besannen sich die ASV-Kicker auf ihre Standard-Tugenden aus der Hinserie: Eckball Luis, Kopfball Tim (perfekt eingelaufen und mit der Wucht eines Spannstoßes): drin das Ding! In den letzten 10 Minuten wollten beide Seiten den Sieg, wobei der ASV die zwingenderen Aktionen hatte, aber in den Abschlusssituationen die letzte Entschlossenheit und Konzentration vermissen ließ. Als sich die Zuschauer schon mit einer Punkteteilung abgefunden hatten, schlugen die Botnanger in der Nachspielzeit noch einmal zu: Freistoß aus dem Halbfeld von Tim an den langen Pfosten, Ablage von Dijon in die Mitte, wo plötzlich Ardil und Rami völlig frei vor dem Kasten stehen. Nach kurzer Schnick-Schnack-Schnuck-Kompetition zwischen den beiden, das Rami offenbar für sich entscheiden konnte, guckte er den Keeper genüsslich aus und drosch das Spielgerät dann humorlos aus fünf Metern in die Maschen. Schlusspfiff, Erleichterung und Jubel!
Insgesamt gelang den ASV-Kickern aufgrund der größeren Spielanteile und einem deutlichen Chancenplus ein verdienter Sieg, wenngleich er dem Spielverlauf nach durchaus glücklich zustande kam. Einmal mehr war es aber auch ein Erfolg des Willens und der Überzeugung. Es spricht für die Moral der Truppe, wie sie erneut Rückschläge weggesteckt und bis zum Abpfiff an ihre Chance geglaubt hat. Die Statistikdaten zeigten den ASV in allen relevanten Kriterien vorn, besonders deutlich war das Übergewicht in der Laufleistung, diese lag bei einigen ASV-Kickern kilometerweit über dem üblichen Durchschnitt, und das bereits vor dem Anpfiff …
Für den ASV kickten:
Kevin (TS), Luis, Tim, Emanuel, Dijon, Pascal, Noé, Rami, Ardil, Giacomo, Samuel
Tore: 1:0 (2.), 1:1 Noé (24.), 2:1 (36.), 2:2 Tim (50.), 2:3 Rami (60.+1)